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25.04.2017

Adi Farjon „Es gibt keine größere Verpflichtung als das Erinnern“

Gedenkveranstaltungen erinnerten 72 Jahre nach Kriegsende an „Verlorenen Transport“  

Totengedenken und Kranzniederlegung am Bahnkilometer 101,6 bei Langennaundorf. Auch Kreistagsvorsitzender Thomas Lehmann und Landtagsabgeordneter Rainer Genilke legten am Gedenkstein im Langennaundorfer Forst einen Kranz nieder

Totengedenken und Kranzniederlegung am Bahnkilometer 101,6 bei Langennaundorf. Auch Kreistagsvorsitzender Thomas Lehmann und Landtagsabgeordneter Rainer Genilke legten am Gedenkstein im Langennaundorfer Forst einen Kranz nieder

Im Landkreis wurde am 24. April anlässlich des 72. Jahrestages der Befreiung jüdischer Häftlinge aus dem Todeszug des Konzentrationslagers Bergen-Belsen an mehreren Orten der Opfer gedacht. Auch Kreistagsvorsitzender Thomas Lehmann sowie Landtagsabgeordneter Rainer Genilke legten am Gedenkstein im Langennaundorfer Forst einen Kranz nieder. In seiner Ansprache erinnerte der Bürgermeister der Stadt Uebigau-Wahrenbrück, Andreas Claus, beim Verlesen der Totenliste an die Opfer, die der letzte Bahntransport des Konzentrationslagers Bergen-Belsen nach Theresienstadt gefordert hatte. Gemeinsam mit Vertretern der jüdischen Gemeinde und der israelischen Botschaft rief er Einwohner und Kommunalpolitiker dazu auf, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus lebendig zu halten. Heute weiß man, 528 von den rund 2500 Häftlingen starben auf der zweiwöchigen Irrfahrt und an den Folgen ihrer Haft. Andreas Claus mahnte aber auch: „Europaweit ist der Rechtspopulismus im Vormarsch. In seinem Schlepptau befindet sich Antisemitismus. Doch gerade dem geeinten Europa habe man 72 Jahre Frieden zu verdanken. „Folgt nach dem Brexit und dem „Amerika first“ ein Frankreich zuerst?“ Er erinnerte aber auch: „Vergesst Erika und Richard Arlt aus Tröbitz nicht. Sie haben sich hohe Verdienste bei der Forschungsarbeit zum Verlorenen Transport und am Gedenken der Opfer erworben.“ Der Todeszug aus Bergen-Belsen ging als „Verlorener Transport“ in die Geschichte ein. Im April 1945 transportierten die Nazis Häftlinge aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen in Eisenbahnwaggons nach Theresienstadt. Angesichts der vorrückenden Front änderte der Todeszug mit den aus mehr als zwölf Ländern stammenden jüdischen Häftlingen mehrmals seine Richtung und blieb schließlich am 20. April 1945 im Langennaundorfer Forst stehen. Die zerstörte Eisenbahnbrücke verhinderte die Weiterfahrt.

Mahnende Worte gegen das Vergessen begleiteten die Gäste, auch zur diesjährigen Gedenkfeier nach Tröbitz. Alle Anwesenden, darunter auch Schüler der evangelischen Grundschule Tröbitz, wurden in ein jüdisches Gebet einbezogen

Mahnende Worte gegen das Vergessen begleiteten die Gäste, auch zur diesjährigen Gedenkfeier nach Tröbitz. Alle Anwesenden, darunter auch Schüler der evangelischen Grundschule Tröbitz, wurden in ein jüdisches Gebet einbezogen

Auch in Tröbitz wurde der Opfer aus dem „Verlorenen Transport“ gedacht. Einwohner und Gäste der Gedenkveranstaltung legten Kränze an den Gräbern in der Hauptstraße und auf dem jüdischen Friedhof ab. Adi Farjon, Vertreterin der israelischen Botschaft in Deutschland sagte dabei: „Es gibt keine Größere Verpflichtung als das Erinnern. Moralisches und menschliches Handeln fängt im Alltag an. Sorgen wir alle dafür, dass gegen die aktuellen rechten Tendenzen in Europa die Toten nicht ein zweites Mal sterben müssen.“ In Israel kennt jeder aus der Schule die Geschichte des Verlorenen Zuges. Die Orte sind international geworden. In Deutschland sind sie nur regional bekannt, hier gebe es Nachholbedarf.

Dem schloss sich Dr. Peter Fischer vom Zentralrat der Juden in Berlin an und meinte: „Wieder stehen wir vor der letzten Ruhestätte jüdischer Bürger die in fremder und damals feindlicher Erde bestattet wurden. Wir blicken zurück auf eine sehr schlimme Katastrophe. Doch wer kann sich 72 Jahre nach Kriegsende vorstellen, das trotz des Wohlstandslebens heute landauf und landab Nazis wieder ihr Unwesen treiben?“ Dennoch, Tröbitz und Langennaundorf strahlen für ihn Zukunft aus. Der Prozess des Nachdenkens und der Geschichtsaufarbeitung muss weiter gehen.

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