29. Mahn- und Gedenktreffen in Neuburxdorf/Mühlberg vor dem Weltfriedenstag
Mühlbergs Pfarrerin Sabrina Pieper: „Uns alle eint die Sehnsucht nach Frieden“
Seit 29 Jahren organisiert die Initiativgruppe „Lager Mühlberg“ e.V. ein Mahn- und Gedenktreffen immer am Wochenende um den Weltfriedenstag am 1. September. Besondere Höhepunkte dabei sind das Gedenken und die Kranzniederlegungen auf dem Soldatenfriedhof Neuburxdorf sowie am Hochkreuz am ehemaligen Speziallager Mühlberg. „Das alles wird seit 1990 begleitet“ so Mühlbergs Pfarrerin Sabrina Pieper, „von einer ausdauernden und generationsübergreifenden Aufarbeitung der Geschichte beider Lager vor und nach 1945.“ Und das, ohne einen einzigen der 2.500 Toten in Neuburxdorf und der 6.800 Toten aus dem Lager zu vergessen bzw. es nicht zuzulassen, dass die schrecklichen Geschehnisse umgedeutet werden. Pfarrerin Sabrina Pieper: „Die heute noch wenigen Lebenden, hochbetagt und oft krank am Körper und von dem Erlebten auch an der Seele, mahnen uns, das nichts vergessen wird oder gar wieder passiert“.
So konnten am Vortag des Ausbruchs des 2. Weltkrieges vor 80 Jahren am 31. August zum nunmehr 29. Mahn- und Gedenktreffen wiederum zahlreiche Gäste aus der gesamten Bundesrepublik am Hochkreuz begrüßt werden. Im Mittelpunkt auch des diesjährigen Treffens der Opfer und Hinterbliebenen stand das gemeinsame Gedenken an die tausenden von Toten zunächst auf dem Soldatenfriedhof Neuburxdorf und anschließend im Speziallager Nr. 1 des sowjetischen Geheimdienstes NKDW. Mühlbergs Bürgermeisterin Hannelore Brendel sagte: „Wir wollen uns an eine Zeit erinnern, die zu verblassen scheint. Doch noch gibt es einige Überlebende. Mit ihnen und ihren Angehörigen wollen wir an dieser Stelle einmal im Jahr derer gedenken, die eine schreckliche Zeit nicht überlebt haben.“
Tief beeindruckt vom Gedenktreffen war auch Birgit Neumann-Becker, Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Für sie gibt es viele Parallelen zu ähnlichen Lagern in Sachsen-Anhalt. Sie erfuhr aus Mühlberg auch, dass nach fast 30 Jahren Aufarbeitung immer noch Menschen zum 1. Mal hierher kommen oder versuchen zögernd Kontakt aufzunehmen. „In Mühlberg gelingt es dem innigen Wunsch nachzukommen, an die verstorbenen Insassen zu erinnern und ihnen ihre Namen zurück zu geben. War es für Jahrzehnte in der DDR verboten geht es heute darum, unaussprechliches Leid anzusprechen und die Geschichte von Folter und Mord nicht zu vergessen.“ In Mühlberg habe man den Weg der Aufarbeitung und des Erinnerns beschritten.
Die Mitglieder der Initiativgruppe „Lager Mühlberg“ e.V. leisten hierbei großartiges, besonders für die Familien. Dank dieser Mitstreiter wächst kein Gras über diese Geschichte. Denn für viele war der zweite Weltkrieg mit seinem Elend und den vielen Toten eben nicht am 8. Mai 1945 vorbei. Für Tausende schlossen sich die Türen der Freiheit bereits kurze Zeit später wieder in den Speziallagern des sowjetischen Geheimdienstes NKDW. Eines davon stand bis 1948 in Mühlberg. An dieser Stelle bei Mühlberg schaut man in die Geschichte zweier Systeme und ist erschüttert, was Menschen Menschen antun können. Rund 22.000 Menschen sind durch das Lager mit all seinen Scheußlichkeiten gegangen.